Offener Brief der Mannheimer SchülerInnen zum Konzept eines Regelbetriebs unter Pandemiebedingungen nach den Sommerferien

An die Verantwortlichen der Regierungspräsidien und des Kultusministeriums

Sehr geehrte Frau Dr. Eisenmann, sehr geehrte Damen und Herren,

in der Mannheimer Schüler- und Elternschaft hat sich vermehrt die Sorge über das Funktionieren eines Regelbetriebs ohne Abstandsregeln nach den Sommerferien breitgemacht. In diesem Brief möchten wir als Schülerschaft der Stadt Mannheim an Sie herantreten und unsere Bedenken hinsichtlich Ihres Konzepts äußern.

Wir beziehen uns hierbei auf das Dokument vom 07.07.20 „Konzept für einen Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen an den auf der Grundschule aufbauenden Schularten in Baden-Württemberg“.

Angesichts der steigenden Fallzahlen im In- und Ausland betrachten wir ihr Hygienekonzept zunehmend mit Sorge und fragen uns, wie Sie einer erneuten Schulschließung entgegenwirken wollen. Infektionsketten von Reiserückkehrern bleiben weiterhin nicht lückenlos nachvollziehbar,
sodass die weitere Entwicklung des Infektionsgeschehens weiterhin vorhersehbar bleibt. Jetzt Abstandsregeln fallen zu lassen und zu einer „Scheinnormalität“ zurückzukehren, erscheint uns mehr als fahrlässig. Vielen Schülern ist unwohl dabei, nichts über den Gesundheitszustand der Person, die potenziell keinen Abstand hält (sie muss es ja auch nicht), zu wissen. Hier fragen wir uns, warum es keine allgemeine Maskenpflicht aller am Schulleben Beteiligten gibt, die zu jedem Zeitpunkt in jeder Situation gilt. Für uns alle ist es das kleinere Übel, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, solange man damit einer erneuten Schulschließung entgegenwirken kann.

In vielen Schulen ist es nicht möglich eine räumliche Trennung aller Stufen bzw. Lerngruppen zu gewährleisten, da einige Schulen im Vergleich zu ihrer Schülerzahl zu wenig Räume oder zu kleine Räume haben. Aber auch bei einer ausreichenden Schulgröße wird es, anhand der Erfahrungswerte aus dem letzten Halbjahr, zu Überschneidungen und stufenübergreifendem Kontakt kommen. Sollte ein Covid-19 Fall an einer Schule auftreten, muss es zwangsläufig zu einer vollständigen Schulschließung kommen. Alles andere wäre aus gesundheitlicher Sicht nicht tragbar, da die Nachverfolgbarkeit innerhalb einer Stufe in keinem Falle gewährleistet werden kann. Falls die räumliche Trennung die Schließung einer ganzen Schule doch verhindern würde, würden bei einem einzigen Covid-19 Fall eine Vielzahl an Lehrern ausfallen, da diese zu häuslicher Quarantäne verpflichtet sind, und somit ein Regelbetrieb erneut unmöglich machen.

Dazu brauchen Schüler aus schwierigen häuslichen Verhältnissen gerade in diesen Zeiten die Schule als ausgleichende Konstante, da für sie das eigenständige Lernen auf Grund von wenig Platz und/oder geringer Unterstützung im Elternhaus keine Lösung mehr darstellen kann.

Eine solche Situation möchten wir als Schüler unbedingt vermeiden. Hierbei spielt es keine Rolle, welche Klassenstufe das betrifft. Trotzdem muss hierbei die doch besondere Stellung der Abschlussjahrgänge beachtet werden. Eine Schulschließung bringt eine nicht angemessene Prüfungsvorbereitung mit sich. Die Chancengleichheit im Studium und in der Ausbildung kann somit nicht ausreichend gewährleistet werden, da das Abschlusszeugnis als Grundlage der
Zulassung nicht vergleichbar mit vorherigen Abschlussjahrgängen ist.

Jeder hat das Recht auf Bildung, dessen sind wir uns bewusst, aber leider überwiegt eine potenzielle Schulschließung momentan doch, da in diesem Fall keiner am Präsenzunterricht teilnehmen könnte. Dieses Recht lässt sich unserer Meinung nach besser erfüllen, wenn man Fernlernangebote durch
funktionierenden Videounterricht ausbaut, begrenzten Präsenzunterricht für alle dauerhaft anbietet und dabei auf eine bestmögliche Trennung aller achtet.

Das Lernziele in so einer Zeit nicht vollständig eingehalten werden können, ist glauben wir allen bewusst. Eine mögliche vollständige Schulschließung würde dies aber nur noch weiter verstärken.

Wir möchten nun im Namen aller am Schulleben beteiligten an Sie appellieren, Ihr Konzept erneut zu überdenken und flexiblere und vor allem sicherere Lösungsansätze zuzulassen.

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen,

Vertreter der Mannheimer Schüler im Schulbeirat – gez. Oskar Weiß
Stadtschülerrat Mannheim – gez. Dennis Klingenspohr
Gesamtelternbeirat² der Stadt Mannheim – gez. Thorsten Papendick
der Schülerrat der Integrierten Gesamtschule Mannheim – gez. Rouven Gruber
der Schülerrat des Feudenheim Gymnasiums Mannheim – gez. Neo Allert
der Schülerrat des Liselotte Gymnasiums Mannheim – gez. Dennis Klingenspohr
der Schülerrat des Lessing Gymnasiums Mannheim – gez. Sebastian Neumann
der Schülerrat der Freien Interkulturellen Waldorfschule Mannheim – gez. Paul Kaufmann
der Schülerrat des Elisabeth Gymnasiums Mannheim – gez. Emilya Erdar
der Schülerrat des Karl-Friedrich-Gymnasiums Mannheim – gez. Dylan Zöller
der Schülerrat des Ludwig-Frank-Gymnasiums Mannheim – gez. Cem Altinbüken
der Schülerrat des Moll Gymnasiums Mannheim – gez. Marlene Noky
der Schülerrat des Johann-Sebastian-Bach Gymnasiums Mannheim – gez. Frederik Beeg